Ich will spielen! Die Vorfreude auf einen neuen Rollenspiel-Charakter

Langsam aber sicher rückt Weihnachten näher. Als Kind konnte der 24. Dezember nicht schnell genug kommen und die Adventszeit zog sich entsprechend ewig hin. Weihnachten hat nicht mehr den gleichen Zauber wie früher als Kind, trotzdem ist Vorfreude manchmal noch genau so grausam-schön. Das kann die Vorfreude auf ein neues Computerspiel sein (Cyberpunk 2077!), aber auch ein neuer Charakter für ein Rollenspiel.

An dieser Stelle bin ich froh, einer der wenigen Blogs zu sein, die vor allem aus Spielersicht geschrieben sind. Ich kann mir zwar vage vorstellen, dass auch Spielleiter heiß auf neue Runden sind, aber viele wissen vielleicht nicht, was auch in den Spieler vorgeht, wenn sie sich regelrecht auf etwas neues freuen.

Nicht nur ein neuer Rollenspiel-Charakter

Nicht falsch verstehen. Ich liebe meine Charaktere und gehöre in den Runden wohl am ehesten zu jenen, die zu große Charakterfluktuationen nicht mögen und möglichst an ihrem Charakter festhalten. Gerade deswegen ist es für mich dann aber doch etwas Besonderes, wenn ich etwas neues spiele – eben WEIL ich nicht meine Charaktere wechsle, wie andere Leute ihre Unterhosen.

Neue Charaktere finden bei mir von daher meist statt, wenn es wirklich mal eine völlig neue Kampagne gibt – außer ein Charaktertod war einfach nicht zu verhindern. In diesem Fall geht es sogar einen Schritt weiter. Nachdem ich selbst das zuletzt gespielte System einer Runde nicht ganz so schön fand, ärgerte sich nun auch der Spielleiter langsam über Unklarheiten im System (ein von jemanden im Selbstverlag produziertes System, das mit viel Liebe gemacht war, aber eben auch hier und dort Lücken hatte). Demnächst soll auf Starfinder gewechselt werden.

Das ist ein großer Schritt. Zwar haben wir nach Jahren des reinen DSA-Spielens zuletzt einige neue Systeme ausprobiert und sind in den meisten Runden beim recht verwandten DnD 5e gelandet, doch bislang waren wir eben vorwiegend in der klassischen Fantasy unterwegs. Nun also Science Fiction, auch wenn unverkennbar im Pathfinder Multiversum angesiedelt.

Ich liebe natürlich Fantasy, aber die endlosen Weiten des Weltalls mit all den neuen Möglichkeiten sowie Technologie, die Magie und profanen Kampf auf sinnvollere Art auf ein ähnliches Niveau bringt, bietet natürlich ganz andere Möglichkeiten für den Charakter. Erstmals moderne und postmoderne Themen nutzen zu können, erhöht die Vorfreude auf den neuen Rollenspiel-Charakter nochmals.

Und plötzlich ist es 5 Uhr morgens

Ich hatte eigentlich noch ein wenig Zeit den Charakter zu erstellen und wollte das eigentlich ganz gemütlich im Urlaub machen. Mit dem Erwähnen meiner Ursprünglichen Idee eines Mechanikers und einem Hinweis auf mögliche Überschneidung mit einem anderen Charakter, habe ich mir die anderen Klassen dann doch etwas genauer angeschaut.

Weil Klassen allein noch kein Charakterkonzept ausmachen, schaute ich mir auch noch die möglichen Spezies an und die Themes. Diese bieten neben der Klasse noch zusätzliche Boni und neue Mechaniken. Wenn auch durch Dungeons & Dragons sowie dem Spiel Pathfinder: Kingmaker relativ vertraut mit grundlegenden Mechaniken, ging die Neugier immer tiefer. Wo unterscheidet sich das Kampfsystem? Welche Skills stehen zur Wahl? Und welche Feats stehen zur Auswahl? Plötzlich fiel der Blick auf die Uhr und es war 5 Uhr nachts.  

Auch die nächsten Tage ließ die Neugier einfach nicht nach und der Charakter war fast schon eine Woche „fertig“, bevor ich meinen Termin mit dem Spielleiter hatte, um den Charakter gemeinsam zu erstellen. Eigentlich sollten wir Spieler uns daher auch nicht übermäßig tief damit auseinandersetzen – aber zum einen fühlte ich mich ohnehin sofort vertraut mit dem Regelrahmen, zum anderen erstelle ich ungern die Katze im Sack. Und vor allem bei der Envoy-Klasse wäre ich ohne intensive Recherche nicht in der Lage gewesen aus den zahlreichen Möglichkeiten inkl. der neuesten Regelergänzungen ad hoc einen Charakter zu erstellen.

Entsprechend durchforstete ich Reddit, das offizielle Forum, eine Wiki und YouTube-Videos und lernte neben Eigenheiten meiner Klasse auch etliche allgemeine Spielmechaniken besser kennen. Da einige Spieler bereits schon erste Schritte mit dem Spielleiter im Setting gemacht haben, machte mir das Einlesen auch nicht wirklich ein schlechtes Gewissen. Auch wenn ich jetzt vermutlich regelfester bin, als einige der „erfahrenen“ Spieler. Ging aber zum Glück auch für denn Spielleiter völlig in Ordnung – läuft dann ja auch flüssiger, wenn wir spielen.

Ein Charakter, der einiges von mir selbst hat

Dass ich gerne Barden spiele, dürfte ja fast schon bekannt sein. Immerhin schreibe ich auch an einem Charaktertagebuch – auch wenn ich da derzeit wieder viel zu stark hinterher hänge. Auch bei meinem Starfinder Charakter bin ich wieder ganz auf der vertrauten Schiene. Ein generell vertrautes Konzept ist nie verkehrt um sich in ein neues Setting einzufinden und wer selbst gerne Barden spielt kennt vielleicht einfach den Sog dahinter.

Trotzdem ist der Charakter ein bisschen anders. Es ist diesmal nicht der typische Musikus-Barde, sondern mehr ein Science Fiction-Äquivalent zum YouTuber und damit etwas das mir selbst sehr nah liegt. Auch ich mache Let’s Plays. Mein Envoy ist lediglich etwas professioneller, erfolgreicher, besser im Gaming, mit etwas anderem Fokus und erweitert um VLOGs. Gewissermaßen ein Social Influencer, der das „Icon“-Theme bestens ausfüllen sollte und mit möglichen Selfies und VLOGs zu unpassenden Gelegenheiten sicher auch mal für richtige Facepalm-Momente sorgen kann.

Ich habe mir auch den Spaß gegönnt ein paar eigene Traits einzubauen, indem der Charakter beispielsweise gerne Energy Drinks mag, auch wenn sie im Gegensatz zu mir wiederum weiblich und asiatisch geprägt ist und natürlich einige überzuckerte Japan-Klischees gnadenlos bedienen wird. Noch etwas mehr Pop-Kultur: Der Char selbst hat viele ihrer Erfahrungen lediglich aus VR-Games und will beweisen, dass sie als Gamerin auch echte Abenteuer bestreiten kann. Kurzum: Sie hat auch einiges von einem Anime-Charakter.

Innerhalb kurzer Zeit hatte ich nicht nur ein spielmechanisches Konzept, sondern auch eine Biographie, eine Charakterisierung und eine Aussehensbeschreibung parat gehabt und sogar bei Hero Forge eine Spielfigur designt. Da mir die Profession des Charakters auch persönlich bekannt ist, habe ich mir sogar Gedanken darum gemacht, wie sich die Community um den Charakter nennt.

Das Zusammensetzen für den Charakter machte aber trotzdem Sinn. Es gab noch ein paar Regeln, zu denen ich noch keinen Zugang hatte und so konnte ich auch noch ein paar Fragen stellen. Und für den Spielleiter ist es sicher nicht weniger spannend, den Charakter zusammen mit dem Spieler zu finalisieren. Ich wurde sogar damit überrascht, dass eine Kollegin von ihm Zeichnungen des Charakters angefertigt hat, die sicher bei späteren Charakter-„Tagebüchern“ genutzt werden.

Die grausame Vorfreude auf den neuen Rollenspiel-Charakter

Ein Stück weit wünsche ich mir trotzdem, dass ich den Charakter wieder eher „auf den letzten Drücker erstellt“ hätte. Ich habe mich viele Tage stark mit Charakter und System auseinandergesetzt und immer wieder schaue ich noch Sachen nach. Mittlerweile habe ich mir die wichtigsten Regelbücher auch als überraschend preiswerte PDFs gekauft. Ich möchte den Charakter endlich spielen, muss mich aber noch zu lange gedulden. Gut, seit ich den Artikel angefangen und beendet habe sind zum Glück schon einige Tage beendet. Doch selbst dann wird erst die andere Kampagne zu Ende gebracht. Wie weit wir mit Starfinder schon kommen – keine Ahnung.

Dabei möchte ich den neuen Charakter am liebsten sofort ausprobieren. Ich möchte sehen, wie das Charakterkonzept sich spielt, was die anderen spielen und wie sich die Gruppendynamik verändert. Außerdem macht der für mich erste Pen & Paper-Ausflug in die Science Fiction einfach so neugierig.

Im Januar wartet dann schon das nächste neue Setting. Dann geht es erstmals in den wilden Westen mit einem gewissen Fantasy Twist. Dann wird es wieder ähnlich spannend, auch wenn das Regelwerk mit Homebrew DnD 5e noch etwas gewohnter ist. Nur, dass ich in der Runde noch ziemlich Bock auf die vorige Kampagne hatte und der Charakter gerade erst zu den richtig spannenden Zaubern kam, auf die ich mich richtig freute, ist ein kleiner Beigeschmack.

Durch den jüngsten PC Release von Red Dead Redemption bin ich aber trotzdem schon heiß auf den Western Ausflug, auch wenn ich dort erst noch den Charakter erstelle. Mit dem Envoy in Starfinder lass ich aber von meiner ursprünglichen Idee eines eher sozialen Skillmonkeys ab. So gerne ich Barden(-ähnliche) Charaktere mag – etwas Abwechslung muss dann doch sein.

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