Starfinder | Nerdgirl Adventures | 03 – Lebenszeichen
Der Notruf war in der Nachbetrachtung nicht unbedingt das Video, auf das Azusa am stolzesten war. Trotzdem oder gerade deswegen war es jedoch das bislang erfolgreichste und zugleich kürzeste Video der jungen Vidgamerin. Wenige Sekunden, die den Zuschauer geradezu bestürzten. Auf diese Art und Weise viral zu gehen, darauf hätte Azu trotzdem nur allzu gut verzichten können.
Der Tag verging, ohne dass es Nachrichten gab. Auch wenn das Video seine Runden machte und manche den Planeten als Castrovel identifizierten, blieb das Schiff verschollen. Es war auch keinesfalls das erste Schiff, dass im wilden Dschungel dieses schönen und gleichsam unbarmherzigen Planeten verloren ging.
Es war später Mittag, als plötzlich eine neue Textnachricht im Feed auftauchte.
„Hey Azutakus!
tut mir Leid, dass wir euch so viele Sorgen bereitet haben. Nach einer unsanften Landung sind wir dabei das Schiff wieder flugtauglich zu machen. Pflaster drauf und dann kann es bald wieder losgehen.
Melde mich später,
eure Azu“
Anbei war ein Bild von einer offenstichlich unversehrten Azusa zu sehen, in ihrer etwas dürchgerüttelten Kabine, aus der sie bereits ein Video geschickt hat und mit Victory-Handgeste in die Kamera lächelnd. So unwahrscheinlich es auch nach letzten Video schien, irgendwie scheint der Dschungel das Schiff doch noch irgendwie gerettet zu haben.
Nach dieser ersten öffentlichen Entwarnung – und einer etwas formelleren an die zuständigen Behörden – dauerte es einen weiteren Tag, bis sich Azusa wie versprochen mit einem Video an ihre Community wendete. So weit man es bei der spartanischen Einrichtung erkennen konnte, wirkte das Zimmer wieder ein bisschen besser in Schuss. Azusa wirkte etwas erschöpft, aber sonst in guter Verfassung.
„Hey Azutakus!
Ich bin echt froh, mich endlich wieder in Videoform bei euch melden zu können. Die letzten beiden Tage waren das wohl größte Abenteuer in meinem Leben – mit erschütternden Tiefpunkten aber auch wieder sehr schönen Momenten, die mich ungefähr so durchgeschüttelt haben, wie die Bruchlandung hier auf Castrovel.
Ich bin noch immer überwältigt von eurer Anteilnahme und zugleich auch etwas traurig, dass ich solche Sorgen bereitet habe. Ich wollte euch immer unterhalten und allenfalls die Tränen vor Lachen in die Augen treiben. Zu lesen wie besorgt ihr wart, hinterlässt einen etwas bitteren Beigeschmack für dieses Abenteuer.
Trotzdem danke, dass euch unser Schicksal so bewegt habt und dass ihr so viel in die Wege geleitet habt, in der Hoffnung uns zu retten. Wir sind weitgehend wohlauf und wieder in den sicheren Armen der Zivilisation
Von unseren Arbeiten bekommt ihr bald noch ein Video. Da muss ich noch ein bisschen schneiden. Heute will ich euch in erster Linie erzählen, wie es zum Absturz kam und was anschließend geschehen ist.
Wir waren in der Nähe von Castrovel, als sich uns ein Schiff näherte. Noch während wir versuchten Kontakt zum Schiff aufzunehmen, aktivierte es die Waffensysteme und nahm uns ins Visier. Ich war überrascht, dass man mir im Kampf tatsächlich bereits die Steuerungssysteme überließ. Wir haben mit John einen fähigen Piloten und ich hätte gedacht, in solchen Situationen doch eher eine Art Praktikantin zu sein. John und Vorry… hatten allerdings Vertrauen in mich und ich kann behaupten, mich im ersten Raumkampf ziemlich gut geschlagen zu haben.
Ich war selbst erstaunt, wie gut alles von der Hand ging, obwohl mein Herz wie wild schlug. Das war schließlich echt und nicht nur irgendein Spiel, wo man schlimmstenfalls neu anfangen muss. Zusammen mit den gezielten Schüssen Kanankorosos und Jenumir, konnten wir den Kampf schnell für uns entscheiden und blieben so weit unbeschadet.
Im letzten Moment empfingen wir allerdings einen Energiestoß vom anderen Schiff. Die Crew hatte sich gerade noch rechtzeitig in unseren Frachtraum teleportiert. Um dem Kampf zu entgehen öffneten wir die Ladeluke, um das Problem gleich zurück ins All zu schicken.“
Irgendwo bei der Erwähnung Vorrys musste Azu bereits ungewöhnlich schlucken. So auch in diesem Moment, bevor sie ein bisschen trauriger weitersprach.
„Nachblickend war es vielleicht nicht die beste Entscheidung gewesen. Ich gehe mittlerweile fast schon davon aus, dass die Crew des Schiffs nichts für die Kampfhandlungen konnte. Das merkten wir, als wir plötzlich die Kontrolle über unsere Schiffssysteme verloren. Eine Art Virus-Lebensform hat unsere Schiffe befallen, wohl vom anderen Schiff zu uns übergesprungen. Dank Charlies genialen Hackkünsten konnten wir den Virus Stück für Stück aus unseren Systemen treiben, ihn zwingen, sich als Glitch Gremlin zu manifestieren. Im Kampf setzte vor allem Jenumir ein paar richtig gute Treffer, um den Virus zu besiegen.
Viel Zeit zur Freude hatten wir allerdings nicht. Das Schiff rüttelte bereits mächtig, weil es direkt auf Castrovel zusteuerte. Die Kursprogrammierung musste Charlie erst noch aus dem System bekommen und wir waren viel zu schnell unterwegs. Das war der Zeitpunkt, als ich das Video abschickte. Kurz nachdem die Verbindung abriss, bekamen wir wieder Kontrolle über die Systeme. Ich habe alles in meiner Macht stehende getan, dass Schiff zu retten, aber wir waren schon zu nah, zu schnell, zu steil. Ich bekam das Schiff noch gerade in eine Bahn, in der es uns nicht komplett zerriss und die Bäume uns noch etwas auffangen konnten. Dass ich jetzt hier sitze habe ich aber vor allem den Schilden und der Dämpfung des Schiffs zu verdanken.“
Erneut wirkt es, als bedrückt Azusa irgendwas, dass sie aber erstmal abschütteln muss.
„Im gefährlichen Dschungel Castrovels gestrandet mussten wir sehen, dass wir unser Schiff schnell zumindest wieder zu einer sicheren Zuflucht machen. Gemeinsam gelang es uns zum Glück schnell die Hülle notdürftig zu flicken und auch den Core wieder zum Laufen zu bringen. An einem Abflug war aber noch nicht zu denken. Die Schilde waren zum Glück noch funktionstüchtig, unsere Bewaffnung allerdings nicht. Ein Abflug wäre in höchster Not möglich gewesen, aber sonst eine ähnlich kluge Idee, wie nur mit nem Messer bewaffnet ein Battlesphere-Event gewinnen zu wollen.
John machte über die Ortungssysteme zum Glück ein Raumschiffswrack in der Nähe aus. Auch ein Transportfahrzeug hatten wir, um mögliche Teile für die Reparatur mitzunehmen. Für unsere Ersatzteile-Tour war es an dem Tag aber zu spät. Jenumir machte derweil seinem Posten als Sicherheitsoffizier alle Ehre und begann aus den vielen kaputten Azimuth-Lasern an Bord eine Lichtschranke zu bauen. So einen nutze ich übrigens auch. Kann ich nur gerade nicht zeigen, weil im Waffenschrank verschlossen. Zusammen mit Kanankoroso hob er zudem noch einen Graben um das Schiff aus. Ich half Charlie derweil dabei einige Kameras außen aufzustellen, um auch aus dem Schiff heraus mögliche Gefahren erkennen zu können.
In der Nacht wachte ich durch einen Schusswechsel auf. Zum Glück handelte es sich aber nur um drei Affen, die unser Raumschiff neugierig gemacht hatte. Ansonsten blieb es zum Glück ruhig und die Expedition konnte aufbrechen. Ich blieb aber als frisch ernannter „Chief of Communications“ – ziemlich hochtrabender Titel für nen Frischling wie mich, was? – an Bord, um vom Schiff aus mit der Crew in Verbindung zu bleiben. So war zumindest der Plan. In Richtung des Wracks gab es auch eine Störquelle, die Kommunikationskanäle blockt und ich konnte nur immer wieder versuchen zu senden in der Hoffnung, dass die Gruppe das Problem löst. In der Zeit erreichte mich ein Notsignal vom Team, ohne dass ich zu ihnen Kontakt aufnehmen konnte.
Erst etwas später funktionierte der Funk wieder und ich erfuhr, dass sie wohl von einem Monster angegriffen worden sind. Die Gruppe zog vom Störsender weiter zum Schiff und entdeckten dort auch eine versteckte Luke und darin Drogen, Credits und eine Flamepistol. Aus dem Bordcomputer ließen sich keine brauchbaren Informationen finden, das Schiff scheint aber unfassbare 800 Jahre alt zu sein. Charlie versuchte unseren Ingenieur Ponit mit dem Teleportationssystem zum Schiff zu teleportieren, damit er brauchbare Ersatzteile ausfindig machen kann. Durch ein kleines Missgeschick teleportierte sie ihn aber etwas unglücklich in eine Höhle einer riesigen Bestie. Charlie riskierte einen schnellen Teleport, wählte aber bewusst den Radius größer, um Ungenauigkeiten bei der Ortung auszugleichen. Damit teleportiere sie nicht nur Ponit, sondern quasi die ganze Höhle inklusive Bestie in die Nähe unseres Schiffes. Unsere Waffensystem waren zum Glück wieder funktionstüchtig und Jenumir konnte die Bestie mit Hilfe des Raketenwerfers auf eine Flugstunde schicken.
Der Rest des Tages verlief zum Glück deutlich ereignisloser. Mit den Teilen gelang es uns das Schiff zumindest wieder so weit flott zu machen, dass wir den nächsten Außenposten aufsuchen konnten. Und damit wären wir auch wieder im hier und jetzt angekommen. Weil mir die Ereignisse doch noch etwas in den Knochen stecken, esse ich meine Nudeln gleich aber ausnahmsweise allein. Danke nochmal, dass ihr euch so um uns gesorgt habt und schon einiges in die Wege geleitet hattet, um uns zu retten. Die Azu-Takus sind eben die beste Community im Netz. Ich ess jetzt meine Nudeln, schneide noch ein bisschen am Video und hau mich dann in die Koje.
Cya,
Eure Azu!
Am nächsten Tag erschienen dann die versprochenen Bilder der Reparaturarbeiten, als Zusammenschnitt aus der anfänglichen Zerstörung und wie gut die Crew die Schäden behoben hat. Zu Teilen gab es kaum mehr Spuren von der unangenehm harten Landung. Am Schnitt hat sie trotz der arbeitsreichen Tage nicht gespart und ihn mal wieder gut auf die wechselnd etwas düstere Musik der Zerstörung und den deutlich optimistischeren Klänge für die reparierten Vergleichsbilder zugeschnitten.
Bei den Bildern achtete Azu aber wohl darauf, weder zu behindern, noch sicherheitskritische Bilder zu veröffentlich oder Personen ungefragt aufzunehmen. Am häufigsten sah man eine andere junge Menschenfrau mit roten Haaren, mit der Azu wohl auch öfter scherzte. Ein Selfi bei dem sie zusammen mit Energydrinks anstoßen, untertitelte sie mit den Worten „Charlie und Ich – Instant Besties!“